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Ludwig Wittgenstein - Fotografie als analytische Praxis - Leopold Museum

Seit 12. November 2021 ist im Leopold Museum die Ausstellung "Ludwig Wittgenstein - Fotografie als analytische Praxis" zu sehen. Wittgenstein wird hier nicht anhand seiner philosophischen Theorien in den Fokus gerückt. Im Mittelpunkt steht vielmehr sein fotografisches Interesse

 

Wittgenstein im Dialog

Ludwig Wittgensteins Anätze zur Fotografie werden den Praktiken zeitgenössischer KünstlerInnen, wie Gottfried Bechthold, Birgit Jürgenssen oder Katharina Sieverding, gegenüberstellt. Jeder Bereich der Ausstellung steht unter einem anderen fotografischen Gesichtspunkt.

 

Wittgenstein und seine Zeitgenossen 

Erste Äußerungen über Fotografie tätigte Ludwig Wittgenstein im Jahr 1929 im Kontext der "Galton´schen Photographie", bei welcher sich es um eine Methode der Bildsynthese von Gesichtern handelt. Durch den weiteren Prozess kristallisierte sich eine Unschärfe heraus, die zwischenmenschliche Beziehungen zum Ausdruck bringen soll. In diesen theoretischen Kontext sind unter anderem Arbeiten von Thomas Ruff, Katharina Sieverding oder Manfred Willmann zu sehen. In seiner Serie "andere Porträts" schaffte Ruff Fotografien, die durch eine Minolta-Montage-Unit entstanden sind. Aus unterschiedlichen Gesichtern wird dabei schließlich ein Phantombild generiert.

Folgt man der Ausstellung ein paar Räume weiter, so findet man fotografische Werke unter den Begriffen wie Porträts, Selbstbildnisse oder Album.

Innerhalb jenes Bestandes an Fotografien, als deren Produzent Wittgenstein genannt werden kann, nehmen Porträts eine außerordentliche Stellung ein. Das Heranschaffen von Porträts zählt zu den bedeutendsten Zeugnissen von Wittgensteins fotografischer Praxis. Immer wieder gab er zu den Bildnissen auch pointierte Äußerungen von sich. Es ist also nicht verwunderlich, warum diese Fotopraxis dominierend in Wittgensteins Album sind. Andere KünstlerInnen, die sich ebenfalls mit Porträts beschäftigten und Eingang in die Schau gefunden haben, sind unter anderem Peter Hujar, Nan Golding oder Heimo Zobernig. Zu sehen ist Nan Goldings Bildnis "David Wojnarowicz at Home" aus dem 1990. Dabei handelt es sich um einen Cibachrome-Abzug. Kennzeichen der ungeschönten und schonungslosen Fotografien ist der Anspruch an die Wahrheit. Der Fotografin geht es um die Teilhabe an dem Abgebildeten, der ihr meist besonders nahe steht. Dies ist an den Abzügen anhand der gezeigten Intimität, Vertrautheit sowie Empathie zu sehen.

Folgt man der Ausstellung ein paar Räume weiter, werden gewissermaßen die Lügen der Fotografien aufgedeckt. Denn laut Wittgenstein lüge die Fotografie immer. Sie diene zum Zwecke der Täuschung bzw der Erweiterung des Tatsächlichen und kann mehrere Bedeutungen annehmen. In diesem Kontext sind Werke von Herbert Franke, Otto Zitko oder Anna und Bernhard Blume einzuordnen. Von Anna und Bernhard Blume ist das Werk "Fliegender Teppich" aus den Jahren 1977/78 zu bestaunen. Die beiden bedienen sich in ihren skurril wirkenden Fotografien der manipulativen Eigenschaft der Fotografie, durch die sie Außergewöhnliches erschaffen, das jenseits der Vernunft stattfindet. Und so verwandelt sich in "Fliegender Teppich" ein Orientteppich plötzlich in ein wild wirbelndes Karussell, welches der Hausfrau buchstäblich den Boden unter den Füßen entreißt.

 

Fazit

Die Ausstellung bietet interessante Einblicke in Ludwig Wittgensteins Theorien über Fotografie. Es zeigt auch, dass philosophische und fotografische Ansätze durchaus miteinander verbunden werden können. Die Gegenüberstellung mit fotografischen Arbeiten unterschiedlicher KünstlerInnen hat zum Vorschein gebracht, dass Wittgensteins Ansätze auch in späteren Zeiten noch Gültigkeit besitzen.

 

"Ludwig Wittgenstein - Fotografie als analytische Praxis" ist noch bis zum 27. März 2022 im Leopold zu sehen

 

Autorin: Isabel Victoria

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