Am 29. Oktober fand die Premiere von dem Stück "Die Scham" in der Dunkelkammer im Volkstheater statt. Die literarische Vorlage stammt von der französischen Schriftstellerin Annie Ernaux, die kürzlich mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde.
Vergangenheitsbewältigung
Ernaux beschreibt in dem Text einen Vorfall aus ihrer Kindheit. An einem Junisonntag Anfang der 1950er bedrohte ihr Vater ihre Mutter unvermutet mit einem Beil. Rund vierzig Jahre später nimmt sie den Vorfall zum Anlass, um ihre eigene Biografie zu hinterfragen. Im Zuge dessen werden Fotos und Ausschnitte aus Lokalzeitungen begutachtet.
Alte Verhältnisse und sozialer Aufstieg
In weiterer Folge erschafft Ernaux dadurch eine "Ethnologie ihrer selbst". Im Fokus stehen ihre Herkunft, das Aufwachsen in der französischen Provinz, die strenge Erziehung der katholischen Mädchenschule sowie das einfache Milieu, aus dem ihre Eltern stammen. Die Autorin befindet sich in einem Zwiespalt zwischen den alten Verhältnissen und dem Wunsch nach sozialem Aufstieg.
Scham und Verdrängung
Es ist ein Prozess der Scham und Verdrängung, der stattfindet und deren Auslöser eben dieser eine Moment der Gewalt war. Dies stellt Ernaux anhand einer erstaunlich nüchternen Sprache dar und weist dabei ein äußerst detailliertes Erinnerungsvermögen auf. Es ist eine Analyse ihres schwierigen Verhältnisses zur eigenen Herkunft und eines unermesslichen Schamgefühls.
Fazit
Dem Regisseur Ed. Hauswirth ist mit "Die Scham" eine äußerst interessante Inszenierung gelungen. Friederike Tiefenbacher berührt und überzeugt als authentische Ich-Erzählerin. Im Rahmen der Vorstellung werden die Bilder der Erinnerung durch eine spezielle Fototechnik von Franzi Kreis sichtbar gemacht. Auf eine einzigartige Art und Weise verschmelzen hier Literatur, Schauspiel sowie Fotografie.
Autorin: Isabel Victoria
Foto: Franzi Kreis
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