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Fred Apke - Das rote Fahrrad - Theater Arche

Wie viel Wahrheit verträgt die Gesellschaft im Bezug auf sexuellen Missbrauch?

 

Zwei ehemalige Freundinnen

Nach langer Zeit kommt es zu einem Wiedersehen zweiter Kindheitsfreundinnen. Sie unterhalten sich über die Vergangenheit und plötzllich gesteht eine der beiden der anderen, dass sie als Kind von ihrem Vater sexuell missbraucht wurde. Es folgt ein sehr langer und heftiger Dialog, der tiefe Einblicke in die innere Zerissenheit von Opfern sexueller Gewalt zwischen Scham, Ohnmacht und die Ratlosigkeit über den Umgang gibt.

 

Krankhafte Dynamik - Wer ist „schuld“?

Auf den ersten Blick denkt man wohl, der Täter alleine ist der böse Schuldige, doch die Angelegenheit ist viel komplexer. Es wird auch über die Mutter gesprochen, die die sexuellen Übergriffe sogar gefördert hat, aus Angst von ihrem Mann verlassen zu werden. Die gesamte Familiendynamik ist voller schräger und unfassbar krankhafter Muster, die sich wechselseitig negativ beeinflussen.

 

Einfach still sein?

Der Satz "Viele werden dir nicht glauben, weil sie es nicht glauben wollen, du störst ihre Ruhe" im Stück macht einen sehr nachdenklich. Es wird sehr deutlich dargestellt, wie schwer es Opfer haben, wenn sie Anzeige erstatten und damit an die Öffentlichkeit gehen. Viele bleiben daher lieber still und dies verrät nichts gutes über den kollektiven Umgang mit diesem Thema.

 

Fazit

Dieses Stück lässt einen wirklich verstehen, wieso sich Opfer sehr schwer damit tun, sich nach sexuellem Missbrauch wirklich zu wehr zu setzen. Die Inszenierung hilft den Zusehern, aus allen Verurteilungen auszusteigen und das Thema aus der Beobachterrolle heraus wahrzunehmen und differenziert und einfühlsam über das Thema nachzudenken.

 

Autor: René Liball

 

Fotocredit: Walter Pobaschnig

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