
Mit dem Stück "The Boys Are Kissing", das am 25. September 2025 Premiere feierte, bringt das Volkstheater unter der Regie von Martina Gredler eine deutschsprachige Erstaufführung des britisch-iranischen Autors Zak Zarafshan auf die Bühne. Darin werden Queerness, Elternrollen und die überhöhten Erwartungen unserer Gesellschaft kritisch hinterfragt.

Vorstadtidylle trifft Himmelsmetaebene
Auf der Bühne wird das Bild einer Vorstadt gezeigt, bestehend aus einer grünen Hüpfburg und aufblasbarem Plastikhäusern. Die Protagonisten fühlen sich darin offensichtlich wohl – bis die dylle durch einen unscheinbaren Vorfall am Schulhof ins Wanken gerät. Zusätzlich wird eine Meta-Ebene eingeführt, in der zwei Schutzengel namens Analis und Klitoris das Geschehen beobachten, kommentieren und auch aktiv eingreifen.

Vielfalt, Spannungen und Doppelmoral
In den Elternpaaren offenbart sich ein Kaleidoskop unterschiedlicher Haltungen: Matt vertritt eine beharrliche, konservative Haltung; Sarah schwankt zwischen Unsicherheit und dem Wunsch nach Harmonie. Amira und Chloe bringen zusätzliche Widersprüche und Positionen ins Spiel: queer, schwarz, nicht gewillt, sich durch das Umfeld kleinmachen zu lassen. Der Konflikt um den Kuss der neunjährigen Söhne dient als Brennglas – nicht nur für Homophobie oder Vorurteile, sondern auch für elterliche Erwartungsfantasien, öffentlicher Moral und Fürsorge.

Absurde Elemente
Gredlers Inszenierung zeichnet sich durch absurde Elemente wie Engelauftritte, Verkleidungen oder hyperbolische Elemente aus. Der Humor dient nicht allein zur Unterhaltung, sondern als scharfer Spiegel. Es bleibt spürbar, worum es geht – um Angst, Vorurteil, Schwarz-Weiß-Denken, aber auch darum, wie Menschen Fehler machen und lernen können. Die Kostüme, das Licht, die Bühne – alles greift ineinander, um eine Welt zu erzeugen, die vertraut und zugleich irritierend ist.

Fazit
"The Boys Are Kissing" in Martina Gredlers Inszenierung ist eine Komödie, die nicht nur unterhält, sondern provoziert. In einer Vorstadtidylle, in der vermeintlich alles richtig ist, zeigt sich, wie klein die Schritte sind, die zu Empathie führen – und wie groß der Druck ist, sich anzupassen.
Autorin: Isabel Victoria
FotoCredits: Marcella Ruiz Cruz
Kommentar schreiben