
Mit "Killing Carmen" wagen Nils Strunk und Lukas Schrenk zusammen mit dem Musiker Gabriel Cazes eine Neubearbeitung des Klassikers von Georges Bizet. Die Produktion wurde am 1. Oktober 2025 in der Volksoper uraufgeführt.

Perspektivwechsel
Strunk/Schrenk/Cazes verlagern das Narrativ ihrer Version 13 Jahre in die Zukunft. Don José, mittlerweile aus dem Gefängnis entlassen, kehrt zurück in Lillas Pastias Bar. Dort treffen ehemalige WeggefährtInnen und Figuren aus “Carmen” nicht nur aufeinander, sondern auch auf ihre unterschiedlichen Erinnerungen, Hoffnungen und Verletzungen. Dieser Perspektivwechsel bewirkt, dass Carmen nicht nur als Opfer einer Beziehungsgeschichte gesehen wird, sondern als Symbol, dessen Nachhall Machtverhältnisse und Geschlechterrollen hinterfragt.

Genreübergreifend
Musikalisch ist Killing Carmen ein Genrefeuerwerk. Neben den bekannten Motiven aus Bizets Oper treten neue Arrangements wie Jazz, Flamenco oder Western auf, die mit klassischen Opernpassagen kombiniert werden. Diese Mischform dient der neuartigen Atmosphäre sowie der inhaltlichen Verdichtung: Das Verschmelzen der Genres spiegelt die Verschmelzung von Vergangenheit und Gegenwart, von klassischem Opernmythos und heutiger Realität wieder.

Kontrast
Ästhetisch setzen Ausstattung, Licht und Bühne auf Kontrast. Die Bar von Lillas Pastia ist ein Ort der Erinnerung und zugleich eine Bühne für Rach-, Liebes- und Schuldversprechen. Szenische Rückblenden wechseln sich mit Gegenwartssequenzen ab. Auch die Mehrsprachigkeit – Deutsch, Französisch und Englisch – mit entsprechenden Übertiteln trägt dazu bei, Carmen zum internationalen Mythos zu machen, dessen Bedeutung heute neu gelesen wird.

Fazit
Killing Carmen ist eine Erweiterung, eine imaginierte Überlieferung, die uns zwingt, Carmen nicht nur als dramatischen Höhepunkt, sondern als offenen Raum wahrzunehmen. Strunk, Schrenk und Cazes bringen nicht nur musikalische Vielfalt und ästhetische Raffinesse, sie provozieren auch ethische Fragen.
Autorin: Isabel Victoria
FotoCredits: Jenni Koller
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